109 - Eisengrabener-Kreuz, Siebenkinder-Kreuz
Eingezeichnet im Katastralplan von 1869. Am Marterl führte früher der heute abgekommene Weg nach Eisengraben vorbei. Der Sage nach sollen hier sieben Kinder erfroren sein (im Frühjahr 1709
wurden tatsächlich drei Frauen und zwei Mädchen „unweit des weißen Kreuzes“ erfroren aufgefunden, es scheint sich bei der Ortsangabe aber eher um das Marterl Nr. 82 (17) gehandelt zu haben, das
noch heute diesen Namen trägt). Vgl. Biedermann, Seite 69, wie auch Heimatbuch Gföhl, Seite 124. Bei der Renovierung 1982 wurde das Marterl mit selbst gemalten Bildern von Frau Anna Hartmann,
einer Wienerin, die in Neubau wohnte, versehen (Nordseite: Maria Selbdritt, Südseite: Hl. Christophorus, Ostseite: Hl. Franz von Assisi, Westseite: Hl. Florian). Die Segnung wurde von Kaplan
Josef Dorninger vorgenommen.
2003 wurden der Bildstock und die Bilder restauriert.
SR Paul Ney verfasst im Gföhlerwald Kulturspiegel, Nr. 66, Oktober 2004, folgenden Bericht:
Zur Geschichte des Eisengrabener Kreuzes
Mit diesem Beitrag können wir erstmals von der Entstehung bzw. Stiftung eines alten Bildstockes aus dem Jahre 17755 berichten.
Mein Freund, der Historiker Mag. Dr. Karl Schwarz, ein geborener Reitterner, entdeckte im Diözesanarchiv St. Pölten eine Urkunde, die Aufschluss über das Alter des sogenannten „Eisengrabener
Kreuzes“ gibt, das auch „Siebenkinderkreuz“ genannt wird. Hier die Transkription des unter Pfarrer Dr. Johann Christoph Hundegger (1730 – 1757) verfassten Vertrages:
Wir Ends unterschribene urkunden und bekennen hiemit, und in Kraft dieser, der Paul Simlinger Burger zu Alten Gföll und Elisabetha deßen Ehewürtin (Anm.: geb.
Loidl aus Gföhleramt CNr. 54, Tochter des Andre und der Christina) zu(r) alhiesigen Pfarr Gföller(ischen) Gottes-Haus S. Andrea den 27. Aprilis untenstehenden
iahrs Acht Gulden id est 8 fl solcher gestalten Baar erleget haben, d(ass) die an dem an die Schwarze Lacken anstossenden Holzweeg neben der Landstraßen, welche uon (von) Markt Gföll aus bis
Eisengraben führt stehende uon ihme obernenten Stifter und Stifterin erbaute Viereggige Creuz Säulen durch d(as) iährliche interesse (Zinsen) oder sonst abwerfenden nuzen in so lang d(as)
gedachte Löbl. Gottes Haus nicht in Ruin uerfallen wird, ...
Zu urkund und Beßrer Bekräftigung alles obstehende haben wir dises Eigenhändig unterschriben, und mit unseren gewöhnl(ichen) Pettschäfftern verfertiget und Bestattiget.
Actum Pfarrhof Gföll den 1 May 1755.
L.S. Ferdinand GaßnerL.S. Franz Feichtner
Kirchen VatterKirchen Vatter
Paul Simlinger und dessen Ehefrau Elisabeth waren Bauern in Altgföhl 11, CNr. 85, (heute Karl Aschauer); die Jaidhofer Flur Schwarze Lacken wird in der
Josefinischen Fassion (1785) wie folgt beschrieben:
... Fünfzehnte Ried, An der Schwartzen Lacken; fanget sich an neben dem Markt Gföhl, hat rechts die Zwettler Poststraß, Links den Alten Gföhlinger-Weeg, und endet sich an der Hochstraß Ried
...
Der Name „Siebenkinderkreuz“ rührt daher, dass hier der Sage nach sieben Kinder erfroren sein sollen.
Tatsächlich findet sich im ältesten Gföhler Matrikenbuch, dem Totenbuch von 1695 – 1748, eine Eintragung bezüglich nahe Gföhl erfrorener Menschen, wobei es sich allerdings um drei Frauen und
zwei Mädchen handelt:
Anfangs Februar 1709 sind unweit des Weißen Kreuzes zwischen Gföhl und Jaidhof bei einander erfroren gefunden worden: Katharina Führlingerin aus dem Gföhleramt (Ehefrau des Thomas), 38 Jahre
alt, und ihre Töchter Susanna mit 16 und Anna mit 10 Jahren, ferner Sabina Friedrichin aus dem Eisenbergeramt (Ehefrau des Simon) mit 36 Jahren und die „Alt Ebnerin“, Frau des Inwohners Peter
Ebner aus dem Gföhleramt, 30 Jahre alt; sie erhielten am 5. Februar ein gemeinsames Grab und ruhen seither im ehemaligen Friedhof in unmittelbarer Kirchennähe:
... Obigen Dto sint nachuolgende Persohnen, so ihrer fünff gewesen, unweith des weissen Creuz Zwischen Gföll und Jaidhof auf ein Haufl bey ein ander gewester Stein gefrorner gefunden worden ...
welche alle alhier Zur geweyhten Erdt Bestattet worden ...
Die Überlieferung machte offenbar aus diesen fünf armen Menschen sieben Kinder und übertrug den Unglücksort auf das erst etwa 45 Jahre später errichtete „Eisengrabener Kreuz“. Man erkennt auch
in diesem Falle den historischen Kern jeder Sage!
Eisengrabnerkreuz, Foto 1936
NÖ. Landesbibliothek, Topographische Sammlung